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Alt 17.02.2008, 13:48
rotbart
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Gezeitenströme – muss man die eigentlich beachten ?

Gezeitenströme – muss man die eigentlich beachten ?

Seglern stellt sich diese Frage nicht, es lautet immer ja, aber auch mit einem Motorboot ist die Antwort JA und zwar aus zwei Gründen :

1. Um in küstennahen Gewässern die strömungsbedingte Versetzung berechnen zu können, und
2. um Treibstoff zu sparen und die ist massiver als man denkt,

so kann z.B. in der Elbe der Unterschied (mit und gegen den Strom) bis zu 9 Knoten betragen (etwa 16,7 km/h), was bei kleineren Booten die Fahrtzeit schlicht verdoppelt und natürlich auch den Benzinverbrauch deutlich erhöht.
Übrigens gilt dies natürlich auch für die Teile der anderen gezeiten-abhängigen Flüsse wie Jade/Ems , Weser etc.

Woher kommt das ?
Nehmen wir als Beispiel die Elbe, das HW in Cuxhaven (HWCx) tritt ca. 4h 4m Stunden vor dem HW in Hamburg ein, und die Wiederkehr in Cuxhaven liegt bei 12 Stunden und 25 Minuten.
Die Entfernung von Cuxhaven nach Hamburg beträgt rund 60 sm (= 111 km), wäre es überall auf dem Weg Stillwasser würde man es in 3 Stunden 45 Min schaffen, freien Weg und wenig Seegang vorausgesetzt. (bei 30 km/h)
In dieser Zeit ändert sich natürlich auch die Gezeit, damit wäre der einfachste Gedanke, einfach mit der HW Welle mitzufahren, da man mit 30 km/h ja genauso schnell ist wie die Welle selbst. Das ist auch eine vollkommen richtige Überlegung und kann man die 30 km/h durchhalten kommt man kurz vor Stillwasser in Hamburg an.

Noch besser ist es aber VOR der Welle herzufahren, wenn man 1 Stunde vor HWCx startet, so schieben ca. 3 Knoten Strom mit ca. 5,5 km/h zusätzlich und 1,x bis 2 kn bleiben während der Fahrt auf der ganzen Strecke erhalten, also haben wir eine etwa 10% bis 15% kürzere Fahrzeit.

Das genaue Gegenteil passiert, fahren wir los wenn die HW-Welle bereits in oder kurz vor HH ist, dann laufen in Cuxhaven ca. 4,5 kn gegen an (= ca. 8,5 km/h), sodass wir nun nur 30-8,5 = 21,5 km/h Geschwindigkeit über Grund haben.
Nicht nur dass sich die Fahrtzeit drastisch verlängert (und damit der Benzinverbrauch), sondern der Stromgeschwindigkeit steigt auch noch weiter flussaufwärts an, sodass im Verlauf 3kn Gegenstrom bis Brockdorf bleiben, die Situation bessert sich dann etwas, doch wird man mindest 20% länger unterwegs sein also etwa 4 ½ Stunden.

Flussabwärts von Hamburg nach Cuxhaven gilt das gleiche nur kommt hier natürlich noch die natürliche Fluß-Strömung hinzu, sodass der Zeitgewinn deutlich größer ausfällt.

ACHTUNG Hier sind keine Windeinflüsse berücksichtig worden, und die Zahlen gelten für Mittzeiten, Nipp- und Springzeiten verändern die Zahlen natürlich.

Wie berechnet man die beste Abfahrzeit ?
Na ja es gibt Gezeitentabellen und Strömungskarten und für die Flüsse gibt es wieder Nomogramme mit welchen man so etwas ausrechnen kann. Für Leute, die nicht so gut mit der Navigation oder mit der Mathematik auf Du und Du sind gibt es drei Möglichkeiten
a) die Grib Daten des BSH herunterladen und im PC ansehen (leider nicht für den Flusslauf vorhanden).
b) Früher gab es mal Stromscheiben (siehe Bild), da Busse+Seewald aber keinen Wassersport mehr machen, weiß ich nicht ob es die Scheiben noch gibt (siehe Bild)
c) Sich von einem guten Bekannten/Freund (mit guten Mathe-Kenntnissen) ein Nomogramm zeichnen lassen.

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Nachtrag

So könnte ein Diagramm aussehen (ACHTUNG dies ist nicht aktuell)
entnommen dem Werk "Die Elbe" des Hamburger Segel-Club e.V. 1958
Angehängte Grafiken
Dateityp: jpg Elbe_k.jpg (43,7 KB, 16x aufgerufen)
Dateityp: jpg Elbe_Nomo_k.jpg (61,6 KB, 10x aufgerufen)

Geändert von rotbart (17.02.2008 um 14:01 Uhr)
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